Staatsministerin Reem Alabali-Radovan stellt Bericht zum Thema Rassismus vor
Vor ausgewählten Vertreter:innen zivilgesellschaftlicher Organisationen stellte die Staatsministerin am 7. Februar im Bundeskanzleramt den Lagebericht „Rassismus in Deutschland: Ausgangslage, Handlungsfelder, Maßnahmen für die Antirassismus-Arbeit“ vor, der im Januar 2023 dem Kabinett vorgelegt und kurz darauf veröffentlicht worden war. Erstmals widmet sich ein Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Antirassismus (und zugleich Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration) nur einem einzigen Thema. Der Lagebericht wurde von den vor Ort anwesenden Organisationen grundsätzlich begrüßt. Es sei erfreulich, dass durch den Bericht verdeutlicht werde, in welchen unterschiedlichen staatlichen Institutionen (wie z.B. Polizei, Strafverfolgungsbehörden, (Hoch-)Schule) und in welchen Formen Rassismus vorkomme (anti-Schwarzer Rassismus, anti-Muslimischer Rassismus, Antiziganismus, anti-Asiatischer Rassismus, Antisemitismus). Die anwesenden Expert:innen sparten jedoch auch nicht mit sachlicher Kritik und Verbesserungsvorschlägen, denen das AmF sich vorbehaltlos anschließen kann.
Der Bericht wies darauf hin, dass Muslime – nach Sinti und Roma – in Deutschland „zu den am meisten abgelehnten Minderheiten“ gehören und ihr sozialer Aufstieg heftige Abwehr hervorruft. So stimmen 34,4% der Befragten in einer repräsentativen Studie zu, „ein schlechtes Gefühl“ zu haben, „wenn immer mehr Muslime in wichtigen Führungspositionen auf dem Arbeitsmarkt kämen.“ (Bericht, S. 33; vgl. Foroutan, Naika/Canan, Coşkun/Kalter, Frank/Simon, Mara: Ostmigrantische Analogien I: Konkurrenz um Anerkennung, Berlin 2019, S. 28 f)
Umso wichtiger ist es, dass der Staat in seinen eigenen Institutionen ausschließlich die Eignung von Bewerber:innen zum Auswahlkriterium erhebt und nicht die potenzielle Gefühlslage von Dritten. Doch genau hier hat der Bericht eine Schwäche, auf die Dr. Nahed Samour, die das AmF vertrat, deutlich hinwies: Es wird lediglich der private Arbeitsmarkt als potenzielles Feld von Diskriminierung in den Blick genommen. Frau Samour verwies auf die Verantwortung des Bundes, der mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Regelung des Erscheinungsbildes von Beamt:innen 2021 leider die Möglichkeit geschaffen hat, das Tragen religiös konnotierte Bekleidungs- und Schmuckstücke zu verbieten. Dies könne in der Umsetzung zu umfangreichen Berufsverboten führen; Schleswig-Holstein und Hessen verwehren bereits mit Bezug auf dieses Gesetz insbesondere Frauen mit Kopftuch den Zugang zu Berufen in der Justiz bzw. zu Stellen mit Beamtenstatus. Dabei könne – so Dr. Samour weiter – der Bund wichtige Impulse setzen, um die Landesgesetzgeber für die Gefahren des strukturellen Rassismus zu sensibilisieren, der insbesondere durch die zunehmend restriktive und mit der Verfassung nicht konform gehende Auslegung von „staatlicher Neutralität“ immer weitere Verbreitung erfährt. Den Blick, wie es der Bericht tut, lediglich auf die privatwirtschaftlichen Aspekte des Alltags (private Arbeitgeber, Wohnungs- und Freizeitbereich) zu richten, greift daher deutlich zu kurz.
Insgesamt war das Treffen durch die Anwesenheit vielfältiger Akteure und die offene Gesprächsatmosphäre lohnend und gab einen positiven Ausblick auf die weitere Arbeit der Staatsministerin.
Lagebericht auf einen Blick: https://www.integrationsbeauftragte.de/resource/blob/1864320/2157004/c5e1ef312e7ebec1512d09f735d58dbd/kurzfassung-lagebericht-rassismus-data.pdf?download=1
Lagebericht Langfassung: https://www.integrationsbeauftragte.de/resource/blob/1864320/2157012/13c0ae89a5ed99afbda683db1a734e52/lagebericht-rassismus-komplett-data.pdf?download=1